Schwer tut sich Pegasus. Er ist sich zugemutet mit seinen plumpen Beinen. Die Welt ist ihm zur Last. Er reckt den Kopf vor Schmerz und Hochmut. Wie gern flöge er. Aber in einem Leben, wo unten die Maschinen laufen und oben die Filme, ist kein Platz zum Fliegen. Quellen mit den Hufen aufscharren ist sein Ding.
Kinder mag er nicht. Aber sie mögen ihn. So spielt er ihnen den Narren: Und nimmt sie ernst.
Mit Michelangelos »Nacht« vom Medici-Sarkophag spricht er: »Solange Schmach und Schande hier gedeihen, lieb ich zu schlafen, völlig Stein zu sein.« Oder Erz.
Der Dichter Hermann Peter Piwitt,
22.9.2002 in einem Brief an Carin Grudda
… Ja, Du hast ganz recht, schwer ist mein Pegasus und nicht nur weil er aus Bronze ist: Aber seine dicken Füße sorgen für die Bodenhaftung, die er braucht, da ihm der Kopf schwirrt von zu vielen Bildern. Und trotzdem: Wenn ihm auch die Flügel müde geworden sind und zu beladen von seinem Auftrag, entrücken zu sollen, so bleibt ihm doch der Traum. Er träumt vom Fliegen und lädt Dich ein dazu. Du findest eine Leiter auf seinem Leib, die Du besteigen kannst, ein Höhlenhaus zum Ausruhen, einen Stern, der Dir die Richtung weist, einen Speer, um Dich zu schützen. Die schöne stolze Frau* auf seiner Flanke begleitet Dich; sie tröstet, führt und wärmt seit einer Ewigkeit für immer. Und über allem ein Sattel aus Sonne im magischen Fünfeck, der Dich trägt und versorgt mit seiner Energie – dass Dir das Träumen bleibt. Das kühne Fliegen. Trotz allem.
Carin Grudda Hermann an Peter Piwitt, 22.10.2002
* Die »Frau« ist ein Motiv aus einer ligurischen Höhlenzeichnung