Kleiner Eindruck vom Ort des Geschehens
Was so leichtfüßig jeden Tag bei Euch als Plattengruß daherkommt, benötigt zwei bis drei Arbeitstage pro Exemplar.
Ich habe natürlich etwas vorgearbeitet, aber allmählich geht die Vorratshaltung zu Ende und ich habe gerade mal zwei Tage Vorsprung … .
Eine gute Gelegenheit, eine »Pause« einzubauen und gleichzeitig etwas über dieKaltnadelradierung zu erzählen:
Sie gilt als die malerischste grafische Technik. Mit kalter Nadel, d. h. ganz und gar ohne Säure und Ätzung, direkt in die Platte gehauen, gefräst, geritzt, sind die Linien unterschiedlich tief.
Dabei bildet sich ein kleiner Metallwall verdrängten Materials links und rechts von ihr – ähnlich wie es sich verhält, wenn man eine Furche in die Erde zieht.
In dieser unterschiedlichen Dichte der Metallspäne verbleibt ein Rest der ausgeriebenen Druckerfarbe – mal mehr, mal weniger. Die Linie »blutet aus«, sie ist unregelmäßig, variiert.
Das ergibt den Eindruck eines Pinselstrichs. In der Strichätzung ist sie dagegen von gleichbleibender Stärke. Zudem konsumieren sich die Linien beim Handabrieb der Druckerfarbe (die Platte wird für jeden Druck neu eingewalzt und wieder ausgerieben, bis sich die zähe Ölfarbe nur noch in den tieferliegenden Linien befindet).
Eine Strichätzung lässt sich hundertmal oder mehr drucken – da geätzt – eine Kaltnadel steigt nach maximal zwanzig oder fünfundzwanzig Drucken – je nach Tiefe der Linien – bereits aus.
Sie wird flach, platt gedrückt, sozusagen.
Die kleinen Auflagezahlen und der erhebliche Kraftaufwand, die tiefen Linien zu erzeugen, machen Sie daher zur wertigsten Technik der vielfältigen anderen Druckverfahren. …
Ende des Diskurses, Ihr habt vielleicht etwas Interessantes erfahren und ich konnte meinen kleinen Vorsprung weiter ausbauen –
Morgen also wieder in medias res
und diesmal in den sechsten Sinn ….
Ahoi
Eure Carin